Eine Abmahnung wird als förmliche Rüge durch den Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen, um ein vertragswidriges Verhalten zu beanstanden und eine klare Kommunikation über mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Wiederholung zu etablieren. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme gibt es im deutschen Arbeitsrecht keine gesetzlich festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die zwingend einer Kündigung vorausgehen müssen. Bei einer unberechtigten Abmahnung können Arbeitnehmer eine Gegendarstellung verfassen, die Entfernung aus der Personalakte fordern oder im Extremfall vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung klagen.
"Wie viele Abmahnungen darf ich erhalten, bevor mir gekündigt werden kann?" Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmer, die eine Abmahnung erhalten haben und nun um ihren Arbeitsplatz fürchten. Die Unsicherheit ist verständlich, denn eine Abmahnung stellt häufig die Vorstufe zu einer verhaltensbedingten Kündigung dar und kann weitreichende Folgen für das Arbeitsverhältnis haben.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme gibt es im deutschen Arbeitsrecht keine gesetzlich festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die zwingend einer Kündigung vorausgehen müssen. Die Rechtspraxis hat jedoch Grundsätze entwickelt, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber wichtige Orientierungspunkte darstellen.
In diesem ausführlichen Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen von Abmahnungen, erklären ihre Funktion im Kündigungsverfahren und geben praktische Hinweise für betroffene Arbeitnehmer. Wir zeigen auf, wann eine Abmahnung gerechtfertigt ist, welche formalen Anforderungen bestehen und wie Sie sich gegen ungerechtfertigte Abmahnungen wehren können.
Eine Abmahnung wird als förmliche Rüge durch den Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen, um ein vertragswidriges Verhalten zu beanstanden und eine klare Kommunikation über mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Wiederholung zu etablieren. Sie erfüllt im Arbeitsrecht mehrere wichtige Funktionen:
Obwohl das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) den Begriff der Abmahnung erwähnen, gibt es keine detaillierte gesetzliche Regelung zu Form und Inhalt einer Abmahnung. Die Anforderungen wurden stattdessen durch die Rechtsprechung, insbesondere durch das Bundesarbeitsgericht (BAG), entwickelt.
Damit eine Abmahnung ihre rechtliche Wirkung entfalten kann, muss sie bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen:
Diese Elemente sind essenziell, damit die Abmahnung sowohl ihrer Rüge- als auch ihrer Warnfunktion gerecht wird und als Vorstufe für eine verhaltensbedingte Kündigung dienen kann. Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 19.04.2012 (Az: 2 AZR 186/11) bestätigt, dass eine Abmahnung diese Elemente enthalten muss, um als Vorstufe zu einer Kündigung dienen zu können.
Nicht jede Kritik an der Arbeitsleistung stellt eine Abmahnung dar. Einer bloßen Ermahnung oder Kritikgespräch fehlt die für Abmahnungen typische Warnfunktion mit Kündigungsandrohung. Nur eine echte Abmahnung kann später als Grundlage einer verhaltensbedingten Kündigung dienen.
Im Arbeitsrecht existiert der weit verbreitete Mythos, dass erst nach drei Abmahnungen gekündigt werden kann. Diese sogenannte "Drei-Abmahnungen-Regel" hat jedoch keine gesetzliche Grundlage. Die Rechtsprechung verfolgt einen differenzierteren Ansatz.
Das BAG hat jedoch in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass keine feste Anzahl von Abmahnungen erforderlich ist, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Entscheidend ist vielmehr, ob die Abmahnung ihre Warnfunktion erfüllt hat und dem Arbeitnehmer deutlich gemacht wurde, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht. Eine einzelne Abmahnung kann daher unter bestimmten Umständen ausreichend sein.
Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des BAG vom 19.07.2012 (Az.: 2 AZR 782/11), in dem es um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ging. Das Gericht stellte klar, dass eine Abmahnung ihre Warnfunktion verlieren kann, wenn das gerügte Verhalten für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht bedeutungslos geworden ist.
Entscheidend ist vielmehr:
Besonders wichtig ist, dass nur "einschlägige" Abmahnungen als Grundlage für eine verhaltensbedingte Kündigung dienen können. Eine Abmahnung ist einschlägig, wenn sie ähnliche Pflichtverletzungen betrifft wie das später zur Kündigung führende Verhalten.
Beispiel: Eine Abmahnung wegen Zuspätkommens kann nicht als Grundlage für eine Kündigung wegen mangelhafter Arbeitsleistung herangezogen werden.
Auch der zeitliche Abstand zwischen Abmahnungen spielt eine Rolle. Das BAG geht davon aus, dass Abmahnungen mit zunehmendem zeitlichen Abstand an Wirkung verlieren.
Bezüglich der Wirkung von Abmahnungen über die Zeit hinweg hat das BAG in anderen Entscheidungen klargestellt, dass Abmahnungen mit zunehmendem zeitlichen Abstand an Warnfunktion verlieren können. Es gibt jedoch keine festgelegte "Verfallszeit" für Abmahnungen; vielmehr hängt dies von der Art des Verstoßes, der betrieblichen Übung und den Umständen des Einzelfalls ab.
Der zeitliche Abstand zwischen der Abmahnung und dem Kündigungszeitpunkt muss berücksichtigt werden, da eine lange zurückliegende Abmahnung ihre Warnfunktion verlieren kann.
In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung kündigen. Dies gilt insbesondere bei:
Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Dies betrifft etwa:
Wenn eine eindeutig negative Prognose besteht, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten trotz Abmahnung nicht ändern wird, kann ebenfalls ohne Abmahnung gekündigt werden. Dies ist jedoch ein hoher Maßstab, den der Arbeitgeber beweisen muss.
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten, sollten Sie nicht vorschnell reagieren, sondern das Schreiben sorgfältig prüfen und gegebenenfalls fachkundigen Rat einholen.
Bei einer unberechtigten Abmahnung haben Sie mehrere Handlungsoptionen:
Abmahnungen "verjähren" nicht im rechtlichen Sinne, verlieren aber mit der Zeit an Bedeutung. Nach einer längeren Phase einwandfreien Verhaltens (je nach Schwere des Verstoßes meist 1-3 Jahre) kann eine Abmahnung in der Regel nicht mehr als Grundlage für eine Kündigung herangezogen werden.
✓ Abmahnung sorgfältig prüfen: Ist der Vorwurf konkret beschrieben?
✓ Stimmen die Tatsachen?
✓ Enthält die Abmahnung alle formalen Erfordernisse?
✓ Personalakte einsehen lassen
✓ Bei unberechtigter Abmahnung: Gegendarstellung verfassen
✓ Entfernung aus der Personalakte verlangen
✓ Rechtliche Beratung einholen
✓ Verhalten anpassen, um weitere Abmahnungen zu vermeiden
✓ Vorgesetztengespräch suchen, um Missverständnisse auszuräumen
✓ Dokumentation aller relevanten Vorgänge und Gespräche
Grundsätzlich kann eine Abmahnung auch mündlich erfolgen, da das Gesetz keine Schriftform vorschreibt. Aus Beweisgründen wählen Arbeitgeber jedoch fast immer die Schriftform. Bei einer mündlichen Abmahnung hat der Arbeitgeber im Streitfall Schwierigkeiten, die Abmahnung nachzuweisen.
Nein, der Betriebsrat hat bei individuellen Abmahnungen kein Mitbestimmungsrecht. Er kann jedoch beratend tätig werden und den betroffenen Arbeitnehmer unterstützen.
Die Unterschrift auf einer Abmahnung bedeutet lediglich, dass Sie den Erhalt bestätigen – nicht, dass Sie mit dem Inhalt einverstanden sind. Sie sind nicht verpflichtet, eine Abmahnung zu unterschreiben. Falls der Arbeitgeber auf einer Unterschrift besteht, können Sie den Zusatz "Erhalten am [Datum], inhaltlich nicht einverstanden" hinzufügen.
Es gibt keine direkte "Abmahnungsanfechtungsklage". Sie können jedoch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte klagen, wenn diese unberechtigt ist.
Ja, dies ist möglich, wenn verschiedene Pflichtverletzungen vorliegen. Allerdings ist die Warnfunktion bei gleichzeitig ausgesprochenen Abmahnungen eingeschränkt, da der Arbeitnehmer keine Gelegenheit hatte, sein Verhalten nach der ersten Abmahnung anzupassen.
Nein, bei besonders schwerwiegenden Verstößen (z.B. Diebstahl, Betrug, schwere Beleidigung) kann auch ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden.
Nein, die Abmahnung ist eine Maßnahme des Arbeitgebers als juristische Person, nicht des einzelnen Vorgesetzten. Ein Vorgesetztenwechsel hat daher grundsätzlich keine Auswirkung auf die Wirksamkeit einer Abmahnung.
In der Regel werden Abmahnungen nicht einfach zusammengezählt. Sie müssen "einschlägig" sein, das heißt, ähnliche Pflichtverletzungen betreffen, um für eine verhaltensbedingte Kündigung herangezogen werden zu können. Es sind jedoch die spezifischen Umstände des Einzelfalls entscheidend.
Das Gesetz sieht keine feste Frist vor. Nach der Rechtsprechung verlieren Abmahnungen jedoch mit der Zeit an Bedeutung. Bei leichteren Verstößen nach ca. 1-2 Jahren, bei schwereren nach 2-3 Jahren, vorausgesetzt, es kommt zu keinen weiteren Verstößen.
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