
Wenn Vorstände ihr Amt niederlegen oder die Gesellschaft das Vorstandsverhältnis beenden möchte, stellt sich oft die Frage nach einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag. Anders als bei gewöhnlichen Arbeitnehmern unterliegen Vorstandsmitglieder jedoch besonderen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, die bei der Gestaltung von Aufhebungsverträgen zwingend zu beachten sind.
Das Vorstandsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im klassischen Sinne, sondern ein Organverhältnis, das durch einen Anstellungsvertrag (Dienstvertrag) geregelt wird. Diese Besonderheit hat weitreichende Konsequenzen für die rechtliche Ausgestaltung von Aufhebungsverträgen und die damit verbundenen Abfindungsregelungen.
Das Wichtigste im Überblick
• Anstelungssverträge für Vorstände unterliegen besonderen aktienrechtlichen Bestimmungen und können nicht einseitig gekündigt werden
• Abfindungen und Vergütungsregelungen müssen den Corporate Governance Kodex und gesellschaftsrechtliche Vorgaben beachten
• Sperrfristen und Wettbewerbsverbote sind bei Vorstandsaufhebungsverträgen häufig deutlich komplexer als im normalen Arbeitsrecht
Das Vorstandsverhältnis basiert auf zwei rechtlichen Säulen: der Bestellung zum Vorstandsmitglied durch den Aufsichtsrat gemäß § 84 AktG und dem zivilrechtlichen Anstellungsvertrag nach § 611 BGB (Dienstvertrag). Diese Dualität führt dazu, dass sowohl die Bestellung als auch der Dienstvertrag beendet werden müssen.
Die Bestellung zum Vorstandsmitglied erfolgt für einen bestimmten Zeitraum von maximal fünf Jahren und kann vor Ablauf nur aus wichtigem Grund widerrufen werden. Der Anstellungsvertrag regelt hingegen die Rechte und Pflichten des Vorstands gegenüber der Gesellschaft, insbesondere die Vergütung und weitere vertragliche Vereinbarungen.
Die ordentliche Kündigung eines Vorstandsdienstvertrags ist bei befristeten Verträgen grundsätzlich ausgeschlossen, kann aber in Ausnahmefällen vertraglich vereinbart werden. In der Praxis ist der Dienstvertrag meist befristet oder eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund nach § 626 BGB möglich, wobei die Anforderungen in der Rechtsprechung sehr restriktiv ausgelegt werden. Diese Besonderheit macht Aufhebungsverträge zu einem wichtigen Instrument für die einvernehmliche Beendigung von Vorstandsverhältnissen.
Die beschränkten Kündigungsmöglichkeiten sollen die Unabhängigkeit der Vorstandstätigkeit sicherstellen und verhindern, dass Vorstände durch Kündigungsdrohungen in ihrer Geschäftsführung beeinflusst werden können.
Ein wirksamer Aufhebungsvertrag muss sowohl die Niederlegung des Vorstandsamts als auch die Beendigung des Dienstvertrags regeln. Dabei ist zu beachten, dass die Niederlegung des Amts durch das Vorstandsmitglied als einseitige Erklärung gegenüber dem Aufsichtsrat erfolgt und keiner Annahme durch den Aufsichtsrat bedarf, während der Dienstvertrag durch den Aufhebungsvertrag mit der Gesellschaft beendet wird.
Die zeitliche Koordination beider Beendigungstatbestände ist von großer Bedeutung, da zwischen der Amtsniederlegung und der Vertragsbeendigung rechtliche Unsicherheiten entstehen können. In der Praxis werden beide Beendigungen daher meist zum selben Zeitpunkt vereinbart.
Abfindungen für Vorstände unterliegen besonderen Beschränkungen. Nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex sollen Abfindungen den Wert von zwei Jahresvergütungen nicht übersteigen und nicht mehr als die Restlaufzeit des Vertrags vergüten. Diese Empfehlungen haben zwar keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung, werden aber von Gerichten und Aufsichtsbehörden als Maßstab herangezogen.
Bei der Berechnung der Abfindungshöhe sind verschiedene Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen: die Grundvergütung, variable Vergütungskomponenten, Nebenleistungen und etwaige Pensionszusagen. Besonders komplexe Fragen ergeben sich bei der Behandlung langfristiger variabler Vergütungen, die noch nicht erdient sind.
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind bei Vorständen häufig und können erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben. In Anlehnung an § 74 Abs. 2 HGB wird regelmäßig vereinbart, dass die Karenzentschädigung mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen Leistungen beträgt und das Wettbewerbsverbot auf maximal zwei Jahre befristet ist; eine gesetzliche Verpflichtung hierzu besteht für Vorstände jedoch nicht unmittelbar.
Bei Aufhebungsverträgen stellt sich die Frage, ob bestehende Wettbewerbsverbote aufgehoben oder modifiziert werden sollen. Dies hängt von den Interessen der Gesellschaft und den Zukunftsplänen des ausscheidenden Vorstands ab. Eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots kann die Abfindung reduzieren, da keine Karenzentschädigung mehr geschuldet wird.
Wenn Unternehmen ihre strategische Ausrichtung ändern, kann es sinnvoll sein, dass Vorstandsmitglieder einvernehmlich ausscheiden. In solchen Fällen steht meist nicht die Leistung des Vorstands in Frage, sondern die Passung zur neuen Unternehmensstrategie. Aufhebungsverträge ermöglichen hier eine würdevolle Trennung ohne Gesichtsverlust für beide Seiten.
Bei solchen Konstellationen sind großzügigere Abfindungsregelungen möglich, da keine Pflichtverletzungen vorliegen. Dennoch müssen die Grenzen des Corporate Governance Kodex und aktienrechtliche Bestimmungen beachtet werden.
Gesundheitliche Probleme können eine Vorstandstätigkeit unmöglich machen. Hier bieten Aufhebungsverträge die Möglichkeit, sozialverträgliche Lösungen zu finden, die sowohl die Interessen der Gesellschaft als auch des betroffenen Vorstands berücksichtigen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesen Fällen die Behandlung von Pensionszusagen und die Frage, ob Dienstunfähigkeitsregelungen greifen. Oft bestehen Ansprüche auf Invaliditätspensionen, die bei der Gestaltung des Aufhebungsvertrags zu berücksichtigen sind.
Wenn Compliance-Verstöße oder andere Pflichtverletzungen vorliegen, wird die Gestaltung des Aufhebungsvertrags komplexer. Die Gesellschaft muss ihre Interessen wahren und darf keine unverhältnismäßig hohen Abfindungen zahlen, wenn der Vorstand seine Pflichten verletzt hat.
Gleichzeitig können Aufhebungsverträge auch in solchen Fällen vorteilhaft sein, da sie langwierige und kostspielige Gerichtsverfahren vermeiden. Die Abfindungshöhe wird dann typischerweise deutlich reduziert oder kann ganz entfallen.
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Aufhebungsverträge werden typischerweise zwischen dem Aufsichtsrat und dem betroffenen Vorstandsmitglied verhandelt. Der Aufsichtsrat muss dabei seine Sorgfaltspflichten beachten und die Interessen der Gesellschaft angemessen vertreten.
Eine professionelle Verhandlungsführung erfordert eine gründliche Vorbereitung, die sowohl rechtliche als auch wirtschaftliche Aspekte umfasst. Externa Berater können dabei helfen, angemessene Vertragskonditionen zu entwickeln und Risiken zu minimieren.
Verhandlungen über Vorstandsaufhebungsverträge stehen oft unter Zeitdruck, insbesondere wenn bereits öffentliche Spekulationen über Veränderungen in der Unternehmensführung kursieren. Gleichzeitig ist absolute Vertraulichkeit erforderlich, um Unsicherheiten bei Mitarbeitern, Kunden und Kapitalmarkt zu vermeiden.
Diese Rahmenbedingungen erfordern eine besonders strukturierte und professionelle Herangehensweise, um in kurzer Zeit rechtssichere und interessengerechte Lösungen zu entwickeln.
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Corporate Governance Compliance:
Rechtliche Aspekte:
Steuerliche Optimierung:
Ein rechtssicherer Aufhebungsvertrag sollte klare Regelungen zu folgenden Punkten enthalten: Beendigungszeitpunkt, Abfindungshöhe und -fälligkeit, Behandlung variabler Vergütungen, Wettbewerbsverbot, Verschwiegenheitspflichten und Rückgabepflichten.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen Salvatorische Klauseln und die Wahl des anwendbaren Rechts, insbesondere bei international tätigen Vorständen oder Unternehmen mit ausländischen Beteiligungen.
Die ordentliche Kündigung ist bei befristeten Vorstandsverträgen (was der Regelfall ist) grundsätzlich ausgeschlossen. Eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund nach § 626 BGB möglich. Aufhebungsverträge sind daher oft der einzige Weg für eine einvernehmliche Beendigung.
Grundsätzlich ja, wenn Willensmängel vorliegen. Daher ist eine sorgfältige Dokumentation des Verhandlungsprozesses wichtig.
Ja, die Behandlung variabler Vergütungskomponenten sollte explizit geregelt werden. Dabei ist zwischen bereits erdienten und noch nicht erdienten Ansprüchen zu unterscheiden.
Bei börsennotierten Unternehmen können Publizitätspflichten bestehen, insbesondere wenn die Abfindung bestimmte Schwellenwerte überschreitet.
Ja, da der Aufsichtsrat für Vorstandsangelegenheiten zuständig ist, muss er Aufhebungsverträge beschließen. Dabei sind seine Sorgfaltspflichten zu beachten.
Hier sind oft sozialverträglichere Lösungen möglich. Pensionszusagen und Dienstunfähigkeitsregelungen müssen besonders berücksichtigt werden.
Bestehende Wettbewerbsverbote können aufgehoben oder modifiziert werden. Die Aufhebung reduziert die Abfindung, da keine Karenzentschädigung mehr geschuldet wird.
Nach dem Corporate Governance Kodex sollen Abfindungen zwei Jahresvergütungen nicht übersteigen und nicht mehr als die Restlaufzeit des Vertrags vergüten. Diese Empfehlungen werden von Gerichten als Orientierung herangezogen.
Die Verhandlungen können je nach Komplexität wenige Tage bis mehrere Wochen dauern. Zeitdruck sollte aber nicht zu unausgewogenen Vereinbarungen führen.
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