Aufhebungsvertrag und Arbeitslosengeld: Was muss beachtet werden?

Wer einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Mit bestimmten Formulierungen und Regelungen im Vertrag lässt sich dieses Risiko jedoch deutlich minimieren. Entscheidend sind vor allem drei Faktoren: Die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist, der Nachweis einer betrieblichen Veranlassung und eine angemessene Abfindungshöhe. Dieser Artikel erklärt, worauf Sie bei der Gestaltung eines Aufhebungsvertrags achten sollten, um Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld ohne Sperrzeit zu wahren.

Das Wichtigste im Überblick

  • Ein Aufhebungsvertrag kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen, wenn er nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt
  • Wichtig sind insbesondere der richtige Beendigungszeitpunkt (Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist), eine betriebliche Veranlassung und eine angemessene Abfindung
  • Mit der richtigen Vertragsgestaltung kann eine Sperrzeit vermieden werden – dabei sollten Sie sich rechtzeitig fachanwaltlich beraten lassen

Aufhebungsvertrag und Arbeitslosengeld – ein Widerspruch?

Stehen Sie vor der Entscheidung, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, und fragen sich, ob Sie anschließend Arbeitslosengeld beziehen können? Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmer, da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag grundsätzlich als "versicherungswidriges Verhalten" im Sinne des Sozialgesetzbuchs gilt und zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen kann.

In diesem umfassenden Artikel erläutern wir Ihnen, worauf Sie bei der Gestaltung eines Aufhebungsvertrags achten müssen, um Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht zu gefährden bzw. das Risiko zu minimieren. Wir zeigen auf, welche Regelungen entscheidend sind und wie Sie eine Sperrzeit vermeiden können.

Rechtliche Grundlagen: Arbeitslosengeld und Sperrzeit

Anspruch auf Arbeitslosengeld

Das Arbeitslosengeld (ALG I) ist eine Versicherungsleistung, die der Absicherung bei Arbeitslosigkeit dient. Geregelt ist dies im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Gemäß § 136 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie:

  1. arbeitslos sind,
  2. sich persönlich arbeitslos gemeldet haben und
  3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben (in der Regel mindestens 12 Monate versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb der letzten 30 Monate).

Was ist eine Sperrzeit?

Eine Sperrzeit ist ein Zeitraum, in dem trotz grundsätzlichem Anspruch kein Arbeitslosengeld gezahlt wird. Sie tritt ein, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten seine Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in § 159 SGB III.

Bei einem Aufhebungsvertrag gilt grundsätzlich:

  • Wird ein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendet, geht die Arbeitsagentur zunächst davon aus, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitslosigkeit selbst verursacht hat.
  • Die Folge: Eine Sperrzeit von regelmäßig 12 Wochen, in denen kein Arbeitslosengeld gezahlt wird.
  • Außerdem wird die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld um die Dauer der Sperrzeit gekürzt.

Vermeidung der Sperrzeit: Die richtigen Regelungen im Aufhebungsvertrag

Damit nach einem Aufhebungsvertrag ggfs. keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld eintritt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Folgende Elemente sollten in einem Aufhebungsvertrag enthalten sein:

1. Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist

Die wichtigste Voraussetzung zur Vermeidung einer Sperrzeit ist die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist:

  • Der Aufhebungsvertrag sollte das Arbeitsverhältnis nicht vor Ablauf der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist beenden.
  • Beispiel: Bei einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende sollte auch der Aufhebungsvertrag diese Frist einhalten.

In der Praxis kann die Kündigungsfrist wie folgt berechnet werden:

  1. Ermittlung der Betriebszugehörigkeit
  2. Bestimmung der Kündigungsfrist nach § 622 BGB oder Tarifvertrag/Arbeitsvertrag
  3. Berücksichtigung des Kündigungstermins (z.B. zum Monatsende oder Quartalsende)

[CTA: Unsicher bei der Berechnung Ihrer persönlichen Kündigungsfrist? Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten Sie gerne, um die korrekte Frist zu ermitteln .]

2. Betriebsbedingte Veranlassung

Ein wichtiger Grund, der eine Sperrzeit ausschließt, liegt vor, wenn der Aufhebungsvertrag betrieblich veranlasst ist:

  • Es sollte im Vertrag deutlich werden, dass die Initiative zur Beendigung vom Arbeitgeber ausging.
  • Idealerweise wird dokumentiert, dass dem Arbeitnehmer andernfalls eine betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte.

Die folgenden Situationen werden in der Regel als betriebsbedingte Gründe anerkannt:

  • Wirtschaftliche Schwierigkeiten des Arbeitgebers
  • Umstrukturierungen im Betrieb
  • Standortschließungen oder -verlagerungen
  • Konkrete Planung von Stellenabbau

3. Angemessene Abfindungshöhe

Die Höhe der Abfindung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle:

  • Eine angemessene Abfindung ist ein Indiz dafür, dass tatsächlich eine betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte.
  • Als Richtwert gilt oft die Formel: 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr
  • Bei längerer Betriebszugehörigkeit oder besonderen Umständen kann auch eine höhere Abfindung angemessen sein.

4. Nachweis der drohenden Kündigung

Hilfreich für die Vermeidung einer Sperrzeit ist der Nachweis, dass tatsächlich eine Kündigung gedroht hätte:

  • Dokumentation von Gesprächen über einen geplanten Stellenabbau
  • Schriftliche Ankündigung von betriebsbedingten Maßnahmen
  • Betriebsvereinbarungen über Personalabbau oder Sozialpläne
  • Wirtschaftliche Daten des Unternehmens, die den Personalabbau begründen

5. Wichtige weitere Regelungen im Aufhebungsvertrag

Neben den sperrzeitrelevanten Aspekten sollte ein Aufhebungsvertrag folgende Punkte regeln:

  • Freistellung (bezahlt/unbezahlt)
  • Resturlaub und dessen Abgeltung
  • Überstundenabgeltung
  • Rückgabe von Firmeneigentum
  • Zeugnis
  • Obwohl keine gesetzliche Widerrufsfrist für Aufhebungsverträge besteht, kann eine freiwillige Widerrufsregelung aufgenommen werden
  • Erledigungsklausel

Praktische Tipps für Betroffene

Vor Unterschrift eines Aufhebungsvertrags

  1. Keine übereilte Entscheidung treffen
    • Nehmen Sie sich Zeit zur Überlegung
    • Lassen Sie sich eine Bedenkzeit von mindestens 1-2 Wochen einräumen
    • Unterschreiben Sie nichts sofort im ersten Gespräch
  2. Fachanwaltliche Beratung einholen
    • Konsultieren Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht
    • Lassen Sie den angebotenen Aufhebungsvertrag prüfen
    • Besprechen Sie alternative Szenarien (Kündigungsschutzklage etc.)
  3. Vorabbescheinigung der Arbeitsagentur
    • Bei der Arbeitsagentur kann vorab eine Auskunft eingeholt werden, ob der geplante Aufhebungsvertrag zu einer Sperrzeit führen würde
    • Dies bietet zusätzliche Sicherheit vor der Unterschrift
  4. Alternativen prüfen
    • Wäre eine Änderungskündigung möglich?
    • Käme ein Aufhebungsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt in Frage?
    • Besteht die Möglichkeit eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht?

Nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags

  1. Frühzeitige Meldung bei der Arbeitsagentur
    • Spätestens 3 Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses melden Sie sich arbeitssuchend
    • Versäumnis kann zu einer Sperrzeit führen
  2. Vollständige Dokumentation einreichen
    • Aufhebungsvertrag
    • Bescheinigung des Arbeitgebers über die betriebliche Veranlassung
    • Nachweise zur drohenden Kündigung
    • Wirtschaftliche Daten des Unternehmens (falls verfügbar)
  3. Widerspruch gegen Sperrzeitbescheid
    • Falls trotz aller Vorkehrungen eine Sperrzeit verhängt wird: Widerspruch einlegen
    • Frist beachten: 1 Monat nach Zugang des Bescheids
    • Bei Ablehnung des Widerspruchs: Klage vor dem Sozialgericht prüfen

Checkliste: Der Aufhebungsvertrag

Nutzen Sie diese Checkliste, um zu prüfen, ob Ihr Aufhebungsvertrag die Voraussetzungen erfüllt, um eine Sperrzeit zu vermeiden:

Beendigungszeitpunkt

  • Wird die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten?
  • Ist das Beendigungsdatum korrekt berechnet?

Betriebliche Veranlassung

  • Ist im Vertrag dokumentiert, dass die Initiative vom Arbeitgeber ausging?
  • Wird auf betriebliche Gründe (Umstrukturierung, wirtschaftliche Lage etc.) verwiesen?

Nachweise zur drohenden Kündigung

  • Gibt es eine separate Bescheinigung des Arbeitgebers?
  • Liegen weitere Dokumente vor (Sozialpläne, Betriebsvereinbarungen etc.)?

Abfindungshöhe

  • Entspricht die Abfindung mindestens dem Richtwert von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr?
  • Ist die Abfindungshöhe angemessen im Verhältnis zur Betriebszugehörigkeit?

Formale Aspekte

  • Ist der Vertrag von beiden Parteien ordnungsgemäß unterschrieben?
  • Sind alle erforderlichen Regelungen (Urlaubsabgeltung, Zeugnis etc.) enthalten?

Arbeitsagentur

  • Ist die frühzeitige Meldung als arbeitssuchend erfolgt?
  • Wurden alle relevanten Unterlagen für die Arbeitsagentur vorbereitet?

Häufig gestellte Fragen

Nein, nicht zwangsläufig. Wenn wichtige Gründe vorliegen, insbesondere eine drohende betriebsbedingte Kündigung, und die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird, kann eine Sperrzeit vermieden werden.

Das hängt von der individuellen Situation ab. Ein gut gestalteter Aufhebungsvertrag bietet oft Vorteile wie eine Abfindung und ein wohlwollendes Zeugnis. Eine arbeitgeberseitige Kündigung führt zwar nicht zu einer Sperrzeit, kann aber andere Nachteile haben. Eine anwaltliche Beratung hilft bei der Abwägung.

Ja, Sie können bei der Arbeitsagentur eine Vorabprüfung beantragen, ob der geplante Aufhebungsvertrag zu einer Sperrzeit führen würde. Dies bietet zusätzliche Sicherheit vor der Unterschrift.

Ja, gegen einen Sperrzeitbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch einlegen. Wird der Widerspruch abgelehnt, können Sie Klage vor dem Sozialgericht erheben.

Ja, Sie müssen sich spätestens drei Monate vor Ende des Arbeitsverhältnisses arbeitssuchend melden. Ist der Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Ende der Beschäftigung kürzer, haben Sie drei Tage Zeit für die Meldung.

Das Arbeitsverhältnis darf durch den Aufhebungsvertrag nicht früher enden, als es bei einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber der Fall wäre. Die Kündigungsfrist richtet sich nach § 622 BGB oder Ihrem Arbeits-/Tarifvertrag.

In diesem Fall sollten Sie versuchen, die betriebliche Veranlassung anderweitig zu dokumentieren, z.B. durch Gesprächsprotokolle, Zeugenaussagen oder wirtschaftliche Daten des Unternehmens. Eine anwaltliche Beratung ist hier besonders wichtig.

Den Aufhebungsvertrag, möglichst eine Bescheinigung des Arbeitgebers über die betriebliche Veranlassung, Nachweise zur drohenden Kündigung und ggf. wirtschaftliche Daten des Unternehmens.

Als Richtwert gilt mindestens 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Bei längerer Betriebszugehörigkeit oder besonderen Umständen kann auch eine höhere Abfindung angemessen sein.

Die Sperrzeit beträgt in der Regel 12 Wochen . Zudem wird die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld um ein Viertel verkürzt.

Wenn Sie Fragen haben oder ausführlich beraten werden wollen, sprechen Sie uns an:

Telefon 069 242689-0 oder schreiben Sie uns ein E-Mail