Nach Elternzeit gekündigt worden: Rechte und Handlungsmöglichkeiten

Die Kündigung nach der Elternzeit stellt Betroffene vor besondere rechtliche und emotionale Herausforderungen. Während der Elternzeit genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz, der nur mit behördlicher Zustimmung durchbrochen werden kann. Erfahren Sie in diesem Artikel, welche Rechte Sie haben und wie Sie diese effektiv durchsetzen können.

Das Wichtigste im Überblick

  • Besonderer Kündigungsschutz: Während der Elternzeit genießen Sie einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde und in Ausnahmefällen möglich.
  • Dreiwöchige Klagefrist: Ab Zugang der Kündigung haben Sie drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Diese Frist sollten Sie unbedingt einhalten.
  • Anspruch auf Rückkehr: Nach der Elternzeit haben Sie grundsätzlich einen Anspruch auf Rückkehr zu Ihrem alten Arbeitsplatz oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz beim selben Arbeitgeber.

Wenn nach der Elternzeit die Kündigung folgt

Die Geburt eines Kindes verändert das Leben grundlegend – beruflich wie privat. Die Elternzeit bietet Müttern und Vätern die Möglichkeit, sich intensiv um den Nachwuchs zu kümmern, ohne den Arbeitsplatz zu verlieren. Doch was passiert, wenn Sie nach Ihrer Rückkehr aus der Elternzeit plötzlich mit einer Kündigung konfrontiert werden?

Diese Situation kann emotional sehr belastend sein. Gerade in einer Phase, in der Sie sich wieder in den Berufsalltag eingewöhnen und gleichzeitig die Betreuung Ihres Kindes organisieren müssen, stellt eine Kündigung eine besondere Herausforderung dar. Viele Betroffene fühlen sich in dieser Situation überfordert und unsicher bezüglich ihrer rechtlichen Möglichkeiten.

In diesem Artikel erfahren Sie, welche rechtlichen Schutzbestimmungen nach der Elternzeit gelten, wie Sie auf eine Kündigung reagieren sollten und welche Ansprüche Sie möglicherweise geltend machen können. Wir, Pflüger Rechtsanwälte, beleuchten die aktuelle Rechtslage, geben praktische Tipps und zeigen Handlungsoptionen auf.

Die rechtlichen Grundlagen zum Kündigungsschutz nach der Elternzeit

Der besondere Kündigungsschutz während und nach der Elternzeit

Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt in § 18 den besonderen Kündigungsschutz während der Elternzeit. Gemäß § 18 BEEG besteht ab dem Zeitpunkt des Verlangens der Elternzeit und während der Elternzeit ein besonderer Kündigungsschutz. Dieser Schutz beginnt frühestens acht Wochen vor Beginn der Elternzeit. In besonderen Fällen kann eine Kündigung für zulässig erklärt werden.

Für die wirksame Inanspruchnahme dieses Kündigungsschutzes ist allerdings eine ordnungsgemäße Anmeldung der Elternzeit zwingend erforderlich. Das Bundesarbeitsgericht unterstrich in seiner Entscheidung (BAG 26. Juni 2008 – 2 AZR 23/07), dass nur bei korrekter Anmeldung gemäß den formalen Vorgaben des BEEG der besondere Kündigungsschutz überhaupt greifen kann. Arbeitnehmer sollten daher besonders auf die Einhaltung der Schriftform und der Anmeldefristen achten.

Zustimmung der Behörde als zwingende Voraussetzung

Eine Kündigung während der Elternzeit ist grundsätzlich nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde zulässig. Dies ist in der Regel die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle, oft das Regierungspräsidium.

Die Behörde prüft, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt, der eine Kündigung rechtfertigt. Solche Ausnahmetatbestände können in besonders schwerwiegenden betrieblichen Gründen liegen, wie beispielsweise bei drohender Existenzgefährdung des Betriebs oder einer umfassenden Betriebsstilllegung, die keine Alternative zulässt.

Wichtig ist: Ohne diese behördliche Zustimmung ist eine ausgesprochene Kündigung unwirksam, selbst wenn sonst ein wichtiger Grund vorliegen würde.

Der allgemeine Kündigungsschutz nach Ende des besonderen Schutzzeitraums

Nach Ablauf des besonderen Kündigungsschutzes gilt wieder der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dieser greift in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten und bei Arbeitsverhältnissen, die länger als sechs Monate bestehen.

Nach dem KSchG ist eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

Rückkehrrecht nach der Elternzeit

Gemäß § 15 Abs. 5 BEEG haben Arbeitnehmer nach der Elternzeit einen Anspruch darauf, zu ihrer vorher vereinbarten Arbeitszeit zurückzukehren. Dies bedeutet, dass beispielsweise eine vor der Elternzeit ausgeübte Vollzeittätigkeit auch nach der Elternzeit wieder in Vollzeit ausgeübt werden kann.

Darüber hinaus besteht ein grundsätzlicher Anspruch auf Rückkehr zum selben Arbeitsplatz oder zumindest zu einem gleichwertigen Arbeitsplatz. Die Anforderungen an einen gleichwertigen Arbeitsplatz wurden von den Gerichten konkretisiert: Ein alternativer Arbeitsplatz muss dem bisherigen in Bezug auf Inhalt, Verantwortung und Vergütung entsprechen. Eine Herabstufung – sei es in der Hierarchie, im Aufgabenbereich oder beim Gehalt – ist demnach nicht zulässig. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht auf betriebliche Umstrukturierungen berufen, um eine solche Schlechterstellung zu rechtfertigen, wenn diese nicht zwingend erforderlich sind. Die maßgeblichen Regelungen finden sich in § 15 Abs. 5 BEEG sowie in der Rechtsprechung, beispielsweise im Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16.06.2017 (Az. 3 Sa 123/17). 

Was tun bei einer Kündigung nach der Elternzeit?

Sofortmaßnahmen nach Erhalt der Kündigung

Wenn Sie nach Ihrer Elternzeit eine Kündigung erhalten, sollten Sie folgende Sofortmaßnahmen ergreifen:

  1. Suchen Sie rechtliche Beratung: Konsultieren Sie einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, der Ihre individuelle Situation beurteilen kann.
  2. Prüfen Sie das Datum des Kündigungsschreibens: Wurde die Kündigung während des besonderen Kündigungsschutzes (bis vier Wochen nach Ende der Elternzeit) ausgesprochen?
  3. Fragen Sie nach der behördlichen Zustimmung: Falls Sie noch unter besonderem Kündigungsschutz stehen, hat der Arbeitgeber eine Zustimmung der zuständigen Behörde eingeholt?
  4. Wahren Sie die Drei-Wochen-Frist: Unabhängig davon, ob Sie die Kündigung für rechtmäßig halten oder nicht, sollten Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten, da ansonsten die Kündigung als wirksam gilt.
  5. Melden Sie sich arbeitslos: Melden Sie sich umgehend bei der Agentur für Arbeit arbeitslos, um keine Nachteile bei möglichen Leistungsansprüchen zu erleiden.

Die Kündigungsschutzklage: Fristen und Ablauf

Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Dies kann auch ohne anwaltliche Vertretung geschehen, da beim Arbeitsgericht kein Anwaltszwang besteht. Dennoch ist es in der Regel sinnvoll, sich anwaltlich beraten zu lassen, da das Arbeitsrecht komplex ist.

Der Ablauf eines Kündigungsschutzverfahrens gestaltet sich typischerweise wie folgt:

  1. Gütetermin: Zunächst findet ein Gütetermin statt, bei dem eine gütliche Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber angestrebt wird. Häufig werden hier Vergleiche geschlossen, etwa in Form einer Abfindungszahlung.
  2. Kammertermin: Kommt keine Einigung zustande, folgt ein Kammertermin, in dem das Gericht über die Wirksamkeit der Kündigung entscheidet.
  3. Berufung/Revision: Gegen das Urteil kann Berufung zum Landesarbeitsgericht und ggf. Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.

Handlungsempfehlungen: Checkliste für den Umgang mit Kündigungen nach der Elternzeit

  • Kündigungsschreiben sorgfältig prüfen
    • Datum des Kündigungszugangs notieren (wichtig für die Drei-Wochen-Frist)
    • Kündigungsgrund prüfen
    • Bei Kündigungen während des besonderen Kündigungsschutzes: Nach behördlicher Zustimmung fragen
  • Rechtliche Beratung einholen
    • Fachanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren
    • Alternative: Beratung durch Gewerkschaft oder Betriebsrat
  • Drei-Wochen-Frist wahren
    • Spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigung muss die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingehen
    • Auch bei vermeintlich offensichtlich unwirksamen Kündigungen diese Frist einhalten
  • Arbeitssuchend melden
    • Umgehend bei der Agentur für Arbeit melden (persönlich oder online)
    • Arbeitslosengeld beantragen
  • Verhandlungsstrategie überlegen
    • Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder Abfindung?
    • Realistische Vorstellungen entwickeln (z.B. zur Abfindungshöhe)
  • Bewerbungsunterlagen aktualisieren
    • Lebenslauf und Zeugnisse auf den aktuellen Stand bringen
    • Ggf. Arbeitgebern die Elternzeit positiv erklären können
  • Zeugnis anfordern
    • Bei endgültiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis anfordern
    • Auf korrekte und wohlwollende Formulierungen achten

Häufig gestellte Fragen

Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es in Deutschland grundsätzlich nicht. Abfindungen werden meist im Rahmen von Vergleichen vor dem Arbeitsgericht vereinbart. Die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Alter und Prozessrisiko ab.

Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Direktionsrechts Änderungen vornehmen, allerdings nur innerhalb der arbeitsvertraglichen Grenzen. Die neue Tätigkeit muss gleichwertig sein und darf keine Schlechterstellung bedeuten. Wesentliche Änderungen bedürfen Ihrer Zustimmung oder einer Änderungskündigung.

Nach § 15 Abs. 5 BEEG haben Sie zwar einen Anspruch auf Rückkehr zu Ihrer früheren Arbeitszeit. Sie können aber einen Antrag auf Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz stellen, den der Arbeitgeber nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen darf.

Ja, das ist möglich. Allerdings sollten Sie den neuen Arbeitgeber darüber informieren, dass Sie noch in einem Rechtsstreit mit Ihrem früheren Arbeitgeber stehen. Zudem sollten Sie mit Ihrem Anwalt besprechen, wie sich ein neues Arbeitsverhältnis auf das laufende Verfahren und mögliche Ansprüche auswirken kann.

Sie haben einen Anspruch auf Rückkehr zu Ihrem früheren oder einem gleichwertigen Arbeitsplatz. Wenn der Arbeitgeber dies verweigert, können Sie auf Beschäftigung entsprechend Ihrem Arbeitsvertrag klagen. Das Bundesarbeitsgericht hat festgelegt, dass der angebotene Arbeitsplatz in Bezug auf Inhalt, Verantwortung und Vergütung mit dem früheren Arbeitsplatz vergleichbar sein muss.

Urlaubsansprüche, die vor Beginn der Elternzeit entstanden sind, bleiben erhalten und können nach der Elternzeit genommen werden (§ 17 Abs. 2 BEEG). Während der Elternzeit entstehen grundsätzlich Urlaubsansprüche, auch wenn das Arbeitsverhältnis ruht. Allerdings hat der Arbeitgeber das Recht, den bestehenden Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG). Diese Kürzung muss ausdrücklich vom Arbeitgeber erklärt werden.

Nach Ende der Elternzeit können Sie den verbleibenden Urlaub aus der Zeit vor der Elternzeit nehmen. Falls das Arbeitsverhältnis endet, muss der nicht genommene Resturlaub ausbezahlt werden (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Eine Kündigung während des besonderen Kündigungsschutzes ohne behördliche Zustimmung ist unwirksam. Sie sollten dennoch innerhalb der Drei-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage erheben, um auf der sicheren Seite zu sein.

Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist gilt auch bei offensichtlich unwirksamen Kündigungen und sollte unbedingt eingehalten werden.

Der besondere Kündigungsschutz gilt während der gesamten Elternzeit. In dieser Zeit darf der Arbeitgeber nur mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Behörde kündigen.

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