Massenentlassungen während der Kurzarbeit stellen einen rechtlichen Widerspruch dar, da Kurzarbeit eigentlich Arbeitsplätze sichern soll. Arbeitgeber müssen daher eine erhöhte Begründungspflicht erfüllen und nachweisen, dass sich die wirtschaftliche Situation grundlegend verschlechtert hat. Betroffene Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und die strikte Drei-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage beachten.
Die Einführung von Kurzarbeit ist ein Instrument zur Überbrückung wirtschaftlicher Engpässe und dient primär der Sicherung von Arbeitsplätzen. Doch was geschieht, wenn Unternehmen trotz laufender Kurzarbeit Massenentlassungen planen oder durchführen? Diese Situation stellt sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor komplexe rechtliche Fragen.
Für Beschäftigte bedeutet eine drohende Massenentlassung während der Kurzarbeit eine doppelte Belastung: Bereits durch die Kurzarbeit sind finanzielle Einbußen zu verkraften, und nun kommt die existenzielle Bedrohung des Arbeitsplatzverlustes hinzu. Für Unternehmen wiederum stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine Massenentlassung trotz Kurzarbeit rechtlich zulässig ist und welche besonderen Anforderungen dabei zu beachten sind.
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen für Massenentlassungen während der Kurzarbeit, zeigt Handlungsmöglichkeiten für betroffene Arbeitnehmer auf und erklärt die besonderen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in dieser Situation. Unsere Kanzlei NOMiA steht Ihnen mit langjähriger Erfahrung und einem erfahrenen Team aus Fachanwälten für Arbeitsrecht zur Seite. Mit unserer ausgewiesenen Expertise im Kündigungsschutz unterstützen wir Sie bundesweit kompetent und zuverlässig bei der Durchsetzung Ihrer Rechte in dieser schwierigen Situation.
Eine Massenentlassung liegt nach § 17 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vor, wenn innerhalb von 30 Kalendertagen in Betrieben mit:
gekündigt werden.
Diese Definition ist wichtig, da für Massenentlassungen besondere verfahrensrechtliche Anforderungen gelten, die über die allgemeinen Kündigungsschutzregelungen hinausgehen.
Die Kurzarbeit ist im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in den §§ 95 ff. geregelt. Sie dient als temporäre Maßnahme zur Überbrückung wirtschaftlicher Schwierigkeiten und soll die Entlassung von Arbeitnehmern vermeiden. Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeit reduzieren, während die Arbeitnehmer für den Arbeitsausfall eine Lohnersatzleistung (Kurzarbeitergeld) von der Bundesagentur für Arbeit erhalten.
Die Einführung von Kurzarbeit erfordert entweder eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag. Ist keine dieser Grundlagen vorhanden, kann Kurzarbeit nur mit Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer eingeführt werden.
Zwischen der Einführung von Kurzarbeit und der Durchführung von Massenentlassungen besteht ein rechtliches Spannungsfeld. Die Kurzarbeit soll grundsätzlich Kündigungen vermeiden, indem sie Unternehmen ermöglicht, vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten zu überbrücken, ohne Personal abbauen zu müssen.
Wenn ein Arbeitgeber während der Kurzarbeit dennoch Massenentlassungen vornimmt, steht dies im Widerspruch zum Hauptzweck der Kurzarbeit. Dieser Widerspruch führt jedoch nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der Kündigungen. Allerdings ergeben sich besondere Anforderungen an die Begründung und Durchführung der Kündigungen.
Eine Kündigung während der Kurzarbeit ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, unterliegt jedoch einer erhöhten Begründungspflicht. Der Arbeitgeber muss darlegen, warum sich die wirtschaftliche Situation so gravierend verändert hat, dass die Kurzarbeit als milderes Mittel nicht mehr ausreicht und Entlassungen unvermeidbar geworden sind.
Die Arbeitsgerichte prüfen in solchen Fällen besonders kritisch, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Eine bloße Berufung auf die gleichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die bereits zur Einführung der Kurzarbeit geführt haben, reicht in der Regel nicht aus. Vielmehr muss der Arbeitgeber nachweisen, dass neue oder verschärfte Umstände eingetreten sind, die eine langfristige Überbrückung durch Kurzarbeit unmöglich machen.
Bei Massenentlassungen während der Kurzarbeit gelten die allgemeinen verfahrensrechtlichen Anforderungen nach § 17 KSchG:
Bei Massenentlassungen während der Kurzarbeit gelten für die Sozialauswahl die allgemeinen Grundsätze nach § 1 Abs. 3 KSchG. Der Arbeitgeber muss soziale Gesichtspunkte wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigen.
Eine Besonderheit kann sich ergeben, wenn nur ein Teil der Belegschaft in Kurzarbeit ist. Hier stellt sich die Frage, ob die Sozialauswahl auf die von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten beschränkt werden darf oder alle vergleichbaren Arbeitnehmer einbeziehen muss. Die Rechtsprechung tendiert dazu, eine betriebsbezogene Sozialauswahl zu fordern, soweit die Arbeitnehmer vergleichbare Tätigkeiten ausüben, unabhängig davon, ob sie in Kurzarbeit sind oder nicht.
Der Betriebsrat hat bei Massenentlassungen umfangreiche Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte:
Während der Kurzarbeit kommen dem Betriebsrat zusätzliche Argumentationsmöglichkeiten zu. Er kann insbesondere:
Die Missachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats kann weitreichende Folgen haben:
Der Betriebsrat sollte diese Rechte konsequent durchsetzen und frühzeitig rechtlichen Beistand hinzuziehen, um die Interessen der Belegschaft optimal zu vertreten.
Wenn Sie als Arbeitnehmer von einer drohenden Massenentlassung während der Kurzarbeit betroffen sind, sollten Sie folgende Sofortmaßnahmen ergreifen:
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht grundsätzlich nicht. Abfindungen können sich jedoch aus einem Sozialplan, einem Aufhebungsvertrag oder einem gerichtlichen Vergleich ergeben.
Ja, eine Kündigung während der Kurzarbeit ist grundsätzlich zulässig, unterliegt jedoch einer erhöhten Begründungspflicht. Der Arbeitgeber muss darlegen können, warum die Kurzarbeit als milderes Mittel nicht mehr ausreicht.
In der Regel nein. Die Sozialauswahl muss grundsätzlich betriebsbezogen unter Einbeziehung aller vergleichbaren Arbeitsplätze erfolgen, unabhängig davon, ob die Beschäftigten in Kurzarbeit sind oder nicht.
Ja, das Recht zur ordentlichen Kündigung bleibt für Arbeitnehmer auch während der Kurzarbeit uneingeschränkt bestehen. Allerdings sollten mögliche Auswirkungen auf den Bezug von Arbeitslosengeld geprüft werden.
Diese Entscheidung hängt von vielen individuellen Faktoren ab, wie den Erfolgsaussichten der Klage, der Höhe der angebotenen Abfindung und Ihren persönlichen beruflichen Perspektiven. Eine individuelle anwaltliche Beratung ist hier unerlässlich.
Der Betriebsrat kann auf die umfassende Einhaltung seiner Mitbestimmungsrechte bestehen, alternative Lösungen vorschlagen und auf den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans drängen. Außerdem kann er in seinen Stellungnahmen zu einzelnen Kündigungen auf Widersprüche in der Begründung des Arbeitgebers hinweisen.
Wenn der Arbeitgeber die Anzeigepflicht nach § 17 KSchG nicht ordnungsgemäß erfüllt, sind die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam.
Die Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten.
Nein, die Kurzarbeit hat keinen Einfluss auf die Kündigungsfrist. Es gelten die normalen gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen.
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