Die bloße Entscheidung zur Geschäftsaufgabe stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Regel keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Eine fristlose Kündigung kann bei Geschäftsaufgabe nur in besonderen Ausnahmefällen wie extremer wirtschaftlicher Notlage oder unvorhersehbaren Ereignissen gerechtfertigt sein. Bei einer unrechtmäßigen fristlosen Kündigung haben Arbeitnehmer Anspruch auf die entgangene Vergütung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist und müssen innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben.
Die Aufgabe eines Unternehmens ist für alle Beteiligten eine herausfordernde Situation. Besonders Arbeitnehmer sehen sich oft mit existenziellen Fragen konfrontiert, wenn der Arbeitgeber den Betrieb einstellt und das Arbeitsverhältnis kurzfristig beenden möchte. Dabei kommt es nicht selten vor, dass Arbeitgeber fälschlicherweise annehmen, eine Geschäftsaufgabe rechtfertige automatisch eine fristlose Kündigung. Diese Annahme ist jedoch in den meisten Fällen unzutreffend und kann zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen für den Arbeitgeber führen.
Die fristlose Kündigung stellt im deutschen Arbeitsrecht ein besonders scharfes Schwert dar, das nur unter strengen Voraussetzungen eingesetzt werden darf. Sie bedarf eines wichtigen Grundes, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist fortzusetzen. Die Frage, ob eine Geschäftsaufgabe einen solchen wichtigen Grund darstellt, ist differenziert zu betrachten und hängt von verschiedenen Faktoren ab.
In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen der fristlosen Kündigung im Kontext einer Geschäftsaufgabe, analysieren die Rechte und Ansprüche betroffener Arbeitnehmer und geben praktische Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dieser Situation.
Die fristlose Kündigung, im Gesetz als außerordentliche Kündigung bezeichnet, ist in § 626 BGB geregelt. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Dienstverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen.
Zentral ist hier der Begriff des "wichtigen Grundes", der einer gerichtlichen Überprüfung standhalten muss. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in ständiger Rechtsprechung hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes gestellt.
Bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt, folgen die Gerichte einer zweistufigen Prüfung:
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die in § 626 Abs. 2 BGB festgelegte Frist: Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Diese Frist beginnt bei einer Geschäftsaufgabe in der Regel mit dem endgültigen Entschluss zur Betriebsschließung.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat sich mehrfach mit der Frage beschäftigt, ob eine Geschäftsaufgabe einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen kann. Die grundsätzliche Position des BAG lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die bloße Entscheidung zur Geschäftsaufgabe stellt für sich genommen in der Regel keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten
Ausnahmen: Wann kann eine Geschäftsaufgabe die fristlose Kündigung rechtfertigen?
Eine außerordentliche Kündigung kann bei Geschäftsaufgabe nur in besonderen Ausnahmefällen gerechtfertigt sein:
In Kleinbetrieben mit weniger als10 Arbeitnehmern findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in diesen Betrieben automatisch fristlos gekündigt werden darf. Auch hier gelten die Grundsätze des § 626 BGB, und die ordentlichen Kündigungsfristen sind einzuhalten.
Bei größeren Unternehmen stellt die Rechtsprechung besonders hohe Anforderungen an die Begründung einer außerordentlichen Kündigung bei Geschäftsaufgabe. Hier wird in der Regel erwartet, dass finanzielle Mittel für die Einhaltung der Kündigungsfristen vorhanden sind oder beschafft werden können.
Freiberufler und Einzelunternehmer sind im Falle einer Geschäftsaufgabe häufig mit besonderen wirtschaftlichen Zwängen konfrontiert. Dennoch gelten auch hier grundsätzlich die gleichen rechtlichen Anforderungen. Die persönliche Haftung des Inhabers kann aber zu einer anderen Bewertung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit führen.
Bei einer unrechtmäßigen fristlosen Kündigung haben Arbeitnehmer das Recht, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Die kurze Klagefrist ist unbedingt zu beachten, da verspätete Klagen nur in Ausnahmefällen zugelassen werden.
Ist die fristlose Kündigung unwirksam, besteht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich fort. Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist,
Vergütungsansprüche und Schadensersatz
Wird die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die entgangene Vergütung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist. Dieser Anspruch kann als Schadensersatz geltend gemacht werden, auch wenn der Arbeitgeber den Betrieb bereits vollständig aufgegeben hat und eine tatsächliche Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich ist.
Nach einer fristlosen Kündigung haben Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld. Es droht jedoch eine Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis durch ein vertragswidriges Verhalten selbst verursacht haben sollte. Bei einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber besteht keine Sperrzeit.
Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch besteht bei einer fristlosen Kündigung wegen Geschäftsaufgabe in der Regel nicht. Abfindungsansprüche können sich jedoch aus einem Sozialplan, einem gerichtlichen Vergleich oder im Rahmen einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung nach § 9 KSchG ergeben.
Erhalten Sie eine fristlose Kündigung wegen Geschäftsaufgabe, sollten Sie umgehend folgende Schritte einleiten:
Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Die Klage kann formlos erfolgen, sollte aber in jedem Fall fristwahrend sein und den Antrag enthalten, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
In vielen Fällen kann eine außergerichtliche Einigung sinnvoll sein. Mögliche Verhandlungsziele können sein:
Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch besteht nicht automatisch. Abfindungen können sich aus einem Sozialplan, einem gerichtlichen Vergleich oder durch Vereinbarung ergeben.
Der Insolvenzverwalter r hat das Recht, mit einer verkürzten Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende zu kündigen, unabhängig von längeren tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfristen.
Ja, Sie haben grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit droht nur, wenn Sie die Kündigung selbst verschuldet haben, was bei einer Geschäftsaufgabe in der Regel nicht der Fall ist.
In der Regel nicht. Eine Geschäftsaufgabe rechtfertigt normalerweise keine fristlose Kündigung. Der Arbeitgeber muss grundsätzlich die ordentliche Kündigungsfrist einhalten oder eine entsprechende Abfindung zahlen.
Ja, jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss nach § 623 BGB schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam.
Sie können den Arbeitgeber auf Zahlung verklagen. Bei Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz haben Sie Anspruch auf Insolvenzgeld für die letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung.
Sie haben einen einklagbaren Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Sie können diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen, auch wenn der Betrieb bereits aufgegeben wurde.
Im Insolvenzfall werden Ihre Ansprüche als Insolvenzforderungen behandelt. Für rückständige Lohn- oder Gehaltsansprüche der letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung können Sie Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen.
Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Diese Frist ist unbedingt einzuhalten.
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